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Bergstraßen Gymnasium
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Erinnerung - aber anders?



Erinnerung ist doch einfach: Man lernt was war und hat etwas für die Zukunft gelernt. Oder gibt es da noch mehr zu tun? Nirit Ben Joseph hat sich in ihrem Film ›You Look So German‹ auf die Spuren ihrer eigenen Familie in Berlin gemacht. In der Stadt, in der sie seit Jahrzehnten gelebt hatte, ohne von der Existenz dieser familiären Verbindung zum Holocaust zu wissen. Udi Nir und Sagi Bornstein haben in ihrem Film ›#uploading_holocaust‹ Videos genutzt, die israelische Schüler*innen bei ihrer ›Reise nach Polen‹, der curricular verankerten Fahrt an die Stätten der Shoah, gedreht und ins Internet gestellt haben.

Alle drei Filmemacher*innen waren am 26.10. für eine Vorstellung ihrer Filme und eine Diskussion mit Schüler*innen im Heidelberger Karlstorkino, Ben Joseph war aus Berlin, Nir und Bornstein aus Israel angereist. Neben dem bilingualen Grundkurs Geschichte des Bergstraßen Gymnasiums war auch der Leistungskurs Geschichte der Elisabeth-von-Thadden Schule in Heidelberg bei der Vorstellung.

Es entwickelte sich eine rege Diskussion zwischen Schüler*innen der beiden Schulen und den Filmemacher*innen auf Deutsch, Englisch und Hebräisch (das von Judith Watzka professionell gedolmetscht wurde). Dabei kamen auch überraschende Perspektiven zu Tage: Nir und Bornstein wollten ihren Film als Kritik an dem Konzept der ›Fahrt nach Polen‹ verstanden wissen und empfinden diese Fahrten als überemotionale Manipulation der Jugendlichen und eine Instrumentalisierung der Erinnerung an die Shoah. Emotion sei aber essentiell wichtig bei einer Annäherung an das Thema meinten hingegen einige Schüler*innen. Entlang dieser Linien entspannen sich im Gespräch Vergleiche der pädagogischen Vermittlung des Holocaust in Israel und in Deutschland, Fragen von Gedenkkultur, aber auch sehr persönliche Fragen von Identität und Zuschreibungen: Nir und Bornstein sehen sich selbst in erster Linie als Israelis und nicht als Juden, sind in Israel nicht von Antisemitismus betroffen, werden außerhalb aber trotzdem zu seinem Objekt.

Ausgehend von einer grundsätzlichen Kritik an Erinnerungskonformität, die ›von oben‹ vorgegeben werde, plädierten die Filmemacher*innen für einen Zugang zu Erinnerung, der sich selbst kritisch hinterfragt und Möglichkeitsräume für Demokratie, zivilen Ungehorsam und menschliche Verbindungen öffnet.

Brauchen wir bei der Betonung des Zwischenmenschlichen dann überhaupt noch stumme Mahnmäler? Das konnten die Schüler*innen des Bergstraßen-Gymnasiums am Mahnmal für die nach Gurs deportierten badischen Jüdinnen und Juden in Heidelberg überlegen - der Gedenktag am 22.10. lag ja erst kurz zurück. Mahnmäler, die zum aktiven Nachdenken und dem Austausch mit Anderen anregen, seien hier den Schüler*innen zufolge der richtige Weg.

Das Miteinander, der Austauschs und die Solidarität waren die bestimmenden Themen des Vormittags und auch wurden als wichtige Instrumente angesichts des wiederaufflammenden Antisemitismus in Europa und weltweit im Kontext des Krieges im Nahen Osten hervorgehoben.

Bild oben: Das Mahnmal erinnert an den Ort des alten Bahnhofs in Heidelberg, den die Deportierten, auch die letzten Jüdinnen und Juden aus Hemsbach, auf dem Weg nach Gurs passierten.
Bild unten: Die Filmemacher*innen, Organisator*innen, die Dolmetscherin, Schüler*innen und Lehrer im Karlstorkino Heidelberg.

Text/ Fotos: Bmg

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